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Autarkie
Die Frage nach der Unabhängigkeit
Im eigenen Tiny House möglichst autark, also unabhängig von Anderen, zu leben ist für viele Menschen eine verlockende Vorstellung. Dabei geht es meistens darum, unabhängig von den üblichen Versorgungsnetzen zu sein, also von kommunaler Energie- und Wärmeversorgung (Energieautarkie) und Wasser (Wasserautarkie). Dies ist in Deutschland jedoch gar nicht so leicht umzusetzen und häufig im Alltag beschwerlicher als vielleicht gedacht. Einen gewissen Grad an Teilautarkie zu erlangen ist in einem Tiny House dennoch ohne weiteres möglich und unter Nachhaltigkeitsaspekten auch durchaus sinnvoll.
Was ist Autarkie?
Streng genommen wäre Autarkie die komplette Unabhängigkeit von Anderen in allen Bereichen des Lebens. Das hieße nicht nur sich selbst mit Nahrung, Kleidung, Wasser und Energie zu versorgen sondern auch alle Werkzeuge, die man dafür braucht, selber herzustellen. Auch den Anschluss an eine Straße, das Telekommunikationsnetz oder einen Briefkasten zu besitzen kann man als eine Verbindung mit dem Versorgungsnetz sehen. Umgangssprachlich werden diese Aspekte aber meist nicht berücksichtigt.
Voll- oder Teilautarkie
Mit Teilautarkie kann entweder gemeint sein, dass ein Haus z.B. nur energieautark ist, aber nicht wasserautark. Es kann aber auch heißen, dass ein Teil des Stroms selbst erzeugt wird, aber trotzdem ein Netzanschluß besteht, falls der produzierte und gespeicherte Strom nicht ausreicht. Ein Netzanschluss ist für ein Tiny House grundsätzlich sinnvoll. Trotz effektiver Speicherlösungen kann es passieren, dass nicht genug Energie zur Verfügung steht und auch das beste System kann einmal ausfallen oder versagen. Damit fällt meist auch Heizwärme und Warmwasser aus, was gerade im Winter schnell ein Problem darstellt.
Energie-Autarkie
Solarenergie
Bevor man sich für eine Solarstromanlage entscheidet, sollte man den eigenen Stromverbrauch analysieren. Wie viel Strom verbraucht man eigentlich? Zu welchen Tageszeiten benötigt man den meisten? Braucht man im Winter vielleicht sogar erheblich mehr Strom, weil elektrisch geheizt werden soll? Generell kann man sagen, dass sich ein Autarkiegrad von 70 % mit den richtigen Modulen und einem auf den Verbrauch ausgelegten Speicher gut erreichen lässt. Die Prozentzahl ist auf das Jahr bezogen, im Sommer ist man vielleicht durchgehend zu 100 % autark, im Winter erreicht man dafür an schlechten Tagen nur einen Autarkiegrad von 2 %. Selbst bei der Dachfläche eines Einfamilienhauses geht man davon aus, dass man im Winter in unseren Breiten auf eine andere Stromquelle angewiesen ist.
Was wird gebraucht?
Um ein Haus mit Solarstrom zu versorgen wird eine Photovoltaikanlage benötigt. Diese besteht aus mehreren Komponenten. Zunächst natürlich die Solarmodule, die das Licht in Strom umwandeln. Diese müssen mittels eines entsprechenden Montagesystems auf dem Dach befestigt werden. Um das zu planen ist es wichtig zu wissen, wo das Haus später stehen soll, denn das Montagesystem muss auf die in der Region auftretenden Wind- und Schneelasten ausgelegt sein. Außerdem produzieren Solarmodule Gleichstrom, normale Haushaltsgeräte arbeiten jedoch mit Wechselstrom. Daher wird ein Wechselrichter benötigt, der den Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt und so nutzbar macht.
Wenn der Strom komplett oder zum Großteil selbst genutzt werden soll, werden zusätzlich Speicher benötigt, um überproduzierten Strom in Spitzenzeiten zu speichern. Dafür werden meist Blei–Akkus oder Lithium–Ionen–Akkus verwendet. Für eine effiziente Steuerung gibt es computergestütze Systeme.
Position von Solarmodulen
Die Möglichkeit zur Solarstromerzeugung ist von der zur Verfügung stehenden Fläche begrenzt. Diese ist bei einem Tiny House natürlich geringer als bei einem Einfamilienhaus. Das heißt, wer im Tiny House auf Solarenergie setzt, sollte gut planen.
Der Wirkungsgrad einer Solaranlage ist in erster Linie von den verwendeten Solarmodulen sowie ihrer Ausrichtung und Neigung abhängig. Vor allem sollte das Haus nicht an einem schattigen Ort, z.b. zwischen Bäumen oder im Schatten eines größeren Gebäudes stehen. Auch der Neigungswinkel des Daches hat Einfluß darauf, wie effizient die Stromerzeugung mit den Solarpanels ist. Ein Flachdach ist weniger geeignet, da die Module nicht den ganzen Tag voll bestrahlt werden können. Am besten ist ein schräges Dach, welches nach Süden, Osten oder Westen ausgerichtet ist. Die Solarmodule auf einem Dach können auch in verschiedene Richtungen ausgerichtet sein, z.B. nach Osten und Westen. So kann morgens und abends – Zeiten zu denen üblicherweise am meisten Energie verbraucht wird – genug Strom produziert werden. Können alle drei sonnenstarken Himmelsrichtungen abgedeckt werden, ist man am besten versorgt. Auch auf einem Flachdach können Solarpanels, wenn sie mit einem Neigungswinkel angebracht werden, in bestimmte Himmelsrichtungen ausgerichtet werden.
Solar-Module
Kristalline Solarzellen
Diese Solarzellen werden aus Silizium hergestellt, sie besitzen eine kristalline Struktur und eine bläulich bis schwarz schimmernde, gleichmäßige Oberfläche. Bei kristallinen Solarzellen unterscheidet man zwischen Mono- und Polykristallinen Solarzellen:
Monokristalline Solarzellen
Jede Zelle besteht aus einem einzigen Kristall. Diese Kristalle werden extra gezüchtet, was die Herstellung relativ teuer macht. Dafür haben sie aber mit 14–20% einen höheren Wirkungsgrad als polykristalline Solarzellen (12–16%) und auch ein besseres Schwachlichtverhalten. Die einzelnen Zellen sind als Quadrate mit abgerundeten Ecken auf einer meist weißen Folie angebracht. So entsteht eine schwarz–weiße Kacheloptik.
Polykristalline Solarzellen
Sie bestehen aus mehreren Siliziumkristallen – man kann die einzelnen Kristalle in der Zellstruktur erkennen. Die Herstellung ist günstiger, es wird natürliches Silizium geschmolzen und dann in eine Form gegossen und ausgekühlt. Die einzelnen Solarzellen sind dadurch rechteckig und können so angeordnet werden, dass eine geschlossene Oberfläche entsteht.
Dünnschichtmodule
Bei der Herstellung von Dünnschichtmodulen wird ein Halbleiterwerkstoff durch Aufdampfen direkt auf ein Trägermaterial wie Glas, Metall oder Kunststoff aufgebracht. Die Schicht ist nur wenige Mikrometer dick und kann auch auf flexible Materialien aufgebracht werden, daher sind die Module sehr leicht und dünn und die Herstellung verbraucht weniger Rohstoffe.
Jedoch sind sie weniger langlebig als kristalline Solarzellen und haben auch eine viel geringere Effizienz (Wirkungsgrad von 6–10 %). Daher sind sie nicht gut geeignet, wenn nur eine kleine Fläche für eine Solaranlage zur Verfügung steht. Dafür haben sie bei sehr hohen Temperaturen oder schwachen und diffusen Lichtverhältnissen nur geringe Leistungseinbußen.
CIGS-Module
Diese Module basieren im Prinzip auf der gleichen Technologie wie Dünnschichtmodule. Sie sind jedoch nicht flach, sondern haben einen röhrenförmigen Absorber, wodurch sie von allen Seiten direkte und indirekte Sonnenstrahlung aufnehmen können. Das macht sie besonders morgens und abends sehr effektiv und verbessert ihre Eignung für Flachdächer.
Ihr Wirkungsgrad ist durchschnittlich (13–15 %), sie können geringe Lichtintensität und diffuses Licht jedoch besser nutzen als Dünnschicht- oder kristalline Module. Damit sind sie vor allem für den Einsatz im Winter interessant.
CIGS–Module sind noch relativ neu, daher gibt es bisher keine Langzeiterkenntnisse und auch ihre Anschaffung ist sehr teuer.
Wind-Energie
Strom speichern
Sofern ein Netzanschluß möglich ist, sollte man diese Möglichkeit auch nutzen. Auch das beste System kann einmal ausfallen oder es kann doch einmal nicht genug Strom produziert werden, um alle Bedürfnisse abzudecken. Das passiert am ehesten im Winter und gerade dann kann es zu einem Problem werden, besonders wenn man auch mit Strom heizt oder das Wasser erwärmt.
Netzeinspeisung oder Eigenverbrauch?
Die meisten PV–Anlagen in Deutschland werden so installiert, dass der gewonnene Strom ins Netz eingespeist werden kann und wenn kein Strom erzeugt wird, beispielsweise nachts, auch Strom aus dem Netz bezogen werden kann. Für jede eingespeiste Kilowattstunde bekommt man Geld vom Anbieter. Für ein Tiny House ist das aber wenig relevant, da mit der kleinen Fläche wahrscheinlich nur wenig Überschuß produziert wird. Zudem ist es immer günstiger, den Strom selbst zu verbrauchen, als ihn einzuspeisen.
Speichergröße
Kürzere Phasen ohne Sonneneinstrahlung können gut mit Speichersystemen überbrückt werden. Je länger die Phasen ohne Sonne andauern, desto größer müssen die Speicher natürlich sein.
Wie groß der Speicher dabei sein muss, hängt vom eigenen Stromverbrauch und vom gewünschten Autarkiegrad ab. Je mehr Strom selbst verbraucht werden soll, desto größer muss auch der Speicher werden. Allerdings benötigt ein großer Speicher mehr Platz und effiziente Akkus sind nicht gerade günstig.
Je nach Hersteller haben die Speicher meist eine Höhe von 1,3–1,9m und eine Tiefe von 0,5–1m.
Einen großen Einfluß hat allerdings auch die Leistung der PV–Anlage, denn ein großer Speicher nützt nur etwas, wenn er in den Sonnenstunden auch aufgefüllt werden kann.
Akkus
Wirkungsgrad
Er gibt an, wie viel der gespeicherten Energie wieder nutzbar gemacht werden kann. Der Speicher hat also auch einen wesentlichen Einfluß auf den Wirkungsgrad der gesamten Anlage. Der Wirkungsgrad modernen Lithium–Ionen–Akkus liegt jedoch bei 95–100 %.
Speicherkapazität
Das ist die Energie, die bei einer Aufladung maximal gespeichert werden kann. Typisch sind Werte zwischen 6–16 kWh. Wichtiger ist jedoch die Nutzkapazität, die angibt, wie viel der gespeicherten Energie genutzt werden kann, wenn die angegebene Entladungstiefe eingehalten wird.
Ladezyklen
Ihre Anzahl gibt an, wie oft der Speicher bei Nutzung der gesamten Speicherkapazität geladen und wieder entladen werden kann. Es sollten Werte von 5000 Zyklen oder höher möglich sein.
Blei-Akkus
Sie werden schon sehr lange eingesetzt und man kennt sie vor allem als Autobatterien. Für die Solarstromspeicherung wurden spezielle Blei–Gel–Akkus entwickelt, die widerstandsfähiger gegen Verschleiß sind als herkömmliche Blei–Akkus. Trotzdem haben sie mit 5–15 Jahren und um die 3000 Ladezyklen eine recht geringe Lebensdauer und auch ihr Wirkungsgrad liegt mit 65–85 % unter dem von Lithium–Ionen–Akkus. Zudem haben sie lange Ladezeiten und sind sehr schwer. Dafür sind sie günstiger in der Anschaffung, robust und zuverlässig und lassen sich gut und einfach recyclen.
Lithium-Ionen-Akkus
Ein wesentlicher Vorteil ist das relativ geringe Gewicht der Akkus. Außerdem haben sie einen sehr hohen Wirkungsgrad von 85–98 %, was sie sehr viel leistungsfähiger macht als Blei–Akkus. Sie haben eine längere Lebensdauer von ca. 20 Jahren (> 5000 Ladezyklen) und nutzen sich beim Laden und Entladen weniger ab. Besonders sicher sind Lithium–Eisen–Phosphat–Akkus, da sie nicht brennen oder explodieren können und nicht toxisch sind. Von Nachteil ist, dass Lithium–Ionen–Akkus empfindlich gegen Über- und Tiefenentladungen sind und dass Lithium ein seltener Rohstoff und damit nicht sehr nachhaltig ist. Noch dazu sind sie nur schwer zu recyclen.
Wasserversorgung
Klassischerweise bezieht man sein (Trink-)Wasser aus der kommunalen Wasserversorgung. Auf Baugrundstücken ist in Deutschland der Anschluß an das Wasser- und Abwassernetz gesetzlich vorgeschrieben (§3 AVBWasserV). Daher ist eine Autarkie in diesem Bereich bisher rechtlich nur schwer möglich. Dennoch gibt es natürlich die Möglichkeit, Regenwasser zu sammeln und als Brauchwasser zu verwenden, so lässt sich viel Wasser sparen. Auch Wasser aus einem Brunnen kann prinzipiell als zusätzliche Quelle genutzt werden.
Regenwasser sammeln und nutzen
Regenwasser darf in Deutschland für die Gartenbewässerung, die Toilettenspülung und zum Wäsche waschen genutzt werden, also überall dort, wo keine Trinkwasserqualität erforderlich ist. Wenn genug gesammelt werden kann, lässt sich so viel Wasser sparen. Soll Regenwasser im Haushalt benutzt werden, müssen allerdings zwei getrennte Leitungssysteme verlegt werden, die auch farblich gekennzeichnet werden müssen. Die Regenwasserzapfstellen müssen außerdem gegen unbeabsichtigte oder unbefugte Entnahme gesichert sein, z.B. durch abschließbare Ventiloberteile.
Regenwasser speichern
Regentonne
Regenwasser kann auf unterschiedlichste Arten gesammelt werden. Die einfachste und günstigste Lösung ist eine Regentonne, die unter das Fallrohr der Regenrinne gestellt wird. Für die Gartenbewässerung kann das auch vollkommen ausreichen.
Zisterne
Will man größere Mengen für den Haushalt sammeln, bieten sich Zisternen im Boden an. Sie nehmen keinen Platz im Garten weg und das Wasser ist vor Wärme und UV–Licht geschützt, was einer Keimbildung und dem brackig werden vorbeugt. Zisternen werden in der Regel direkt an das Regenfallrohr angeschlossen. Davor wird ein Filter eingebaut um Verschmutzungen aus dem Wasser zu entfernen.
Wasserentnahme
Die Wasserentnahme erfolgt über eine elektrische Tauchpumpe oder über ein Leitungssystem, das direkt ins Haus führt. Ist ein Regenwasserkreislauf im Haus installiert, muss die Zisterne über einen Trinkwasserzulauf verfügen, damit die Versorgung der Toilette oder der Waschmaschine auch in regenarmen Phasen gewähreistet ist. Überschüssiges Regenwasser wird meist durch einen Überlauf in der Zisterne an die Kanalisation abgegeben.
Regenwassernutzungsanlage
Regenwasser aus einer korrekt installierten Regenwassernutzungsanlage mit Zisterne muss vor dem Gebrauch für Garten, Toilettenspülung und Wäsche waschen nicht extra gefiltert werden. Erfahrungen und Studien haben gezeigt, dass diese Anwendungen vollkommen unbedenklich sind.
Je nachdem ob man dauerhaft in seinem Tiny House wohnen möchte oder es primär als Gartenhaus nutzt, ist man an unterschiedliche Regelungen gebunden. In einem Gartenhaus ist beispielsweise kein Wasseranschluss vorgeschrieben.
Trinkwassertanks
Material
Hat das Haus keinen Wasseranschluß, da es z.B. nur als Wochenendhaus genutzt wird, so kann man sich auch Trinkwassertanks im Haus installieren. Man sollte seinen Wasserverbrauch vorher gut abschätzen, um die Tanks dementsprechend zu dimensionieren und genug Platz im Haus einzuplanen. Auch eine unterirdische Installation von Tanks ist möglich, das spart Platz im Haus und das Wasser bleibt im Sommer kühl.
Material
Wassertanks bestehen meist aus Polyethylen oder aus Edelstahl. Beides ist unbedenklich und es werden keine Stoffe ans Wasser abgegeben. Die Wassertanks müssen regelmäßig befüllt werden, z.B. durch einen nahe gelegenen Anschluß oder per Hand. Das Wasser sollte nicht zu lange in den Tanks stehen, da es zur Verkeimung kommen kann. Nach einer längeren Nichtbenutzung sollten die Tanks daher gereinigt werden.
Trinkwasser
Soll das Wasser als Trinkwasser dienen, kann man zusätzlich über eine Filteranlage nachdenken. Welcher Filter sinnvoll ist, hängt von der Art der Verschmutzung sowie der geplanten Wassernutzung ab.
Abwasser
Anschlusspflicht
Generell ist man in Deutschland verpflichtet, sein Haus an die öffentliche Kanalisation anzuschließen, um das entstehende Abwasser ordnungsgemäß zu entsorgen. In ländlichen Gebieten kann es vorkommen, dass ein solcher Anschluss nicht möglich ist. In Ausnahmefällen kann das Abwasser dann über eine genehmigungspflichtige Kleinkläranlage z.B. in Form eines Klärteichs gereinigt und anschließend versickert werden.
Sammeltank
Hat das Haus aus anderen Gründen keinen Abwasseranschluss, kann das Abwasser in kleinen Tanks gesammelt und an geeigneter Stelle ins Abwassersystem gegeben werden. Das bietet sich z.B. in Kleingärtenanlagen an, da hier laut Gesetz abwasserfrei bewirtschaftet werden muss. Im häuslichen Gebrauch sind vor allem Tenside und Seifen vom Spülen eine Gefahr für die Umwelt. Muss man also doch einmal in der Natur abwaschen, sollte man auf Spülmittel verzichten oder spezielle umweltverträgliche Produkte verwenden.
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